Nach vielen Gesprächen mit Lehrkräften auf Veranstaltungen, an denen ich mebis einführe und nach einem kurzen Austausch zu einer möglichen mebis Einführungs-SchiLF auf Twitter habe ich kurzerhand beschlossen, meine Gedanken in einen Blog-Post statt in 5 Tweets zu gießen. Here we go 🙂

„Heute Nachmittag machen wir mebis“

Im Rahmen meiner Tätigkeit biete ich nicht nur eigene Lehrgänge zu mebis an, ich bin auch sehr oft als Gastdozent in Veranstaltungen von Kolleginnen und Kollegen tätig und mache dort einen Nachmittag Einführungsblöcke in mebis mit jeweils (fach- oder schulart-)spezifischem Fokus. Dabei ist die Stimmung zu Beginn des mebis-Blocks zunächst häufig skeptisch bis ablehnend – schließlich habe man mebis schon kennen gelernt und erfolgreich als Quatsch abgestempelt.

Am Ende des Blocks sind die Teilnehmer in der Regel begeistert von den Möglichkeiten und neugierig darauf, tiefer einzusteigen.  Das hat sicherlich gar nichts mit mir zu tun und soll keinesfalls ein Lob auf die eigene Performance sein – die KuK haben einfach nur die Potentiale des Angebots entdeckt und sind deswegen motiviert, tiefer einzusteigen. Mehr nicht.

In Gesprächen mit den KuK kommt dann heraus, wo die anfängliche Skepsis Vieler herkommt: Man hat schon eine mebis Einführungs-SchiLF gemacht, und zwar einen Nachmittag lang im Computerraum. Die sieht dann offenbar so aus:

  • 13:30 – 14:00 Uhr: Login, Infoportal, Mediathek inkl. Suche, Speichern eines Mediums, Speichern eines Ausschnitts, Prüfungsarchiv
  • 14:00 – 14:20 Uhr: Lernplattform – Einen vorbereiteten Kurs aufrufen und durchsehen, großartige Beispiel-Möglichkeiten entdecken
  • 14:20 – 14:30 Uhr: Einen eigenen Kurs anlegen, Teilnehmer einschreiben inkl. Beschreibung aller Einschreibemethoden
  • 14:30 – 14:45 Uhr: Textfeld und Textseite anlegen, diverse Medien einbinden inkl. Quellenangabe
  • 14:45 – 15:00 Uhr: Dateien und Verzeichnisse hochladen
  • 15:00 – 15:25 Uhr: Glossar und Wiki und Forum anlegen, jeweils erste Beiträge speichern
  • 15:25 – 16:00 Uhr: Test mit diversen Fragen anlegen, Auswertung, Fragensammlung anlegen
  • Feedback und Ende

So wirkt diese SchiLF

Derartige SchilLFs gibt es, wenn man Kolleginnen und Kollegen an den Schulen so zuhört, offenbar immer wieder. Was passiert darin? Innerhalb eines Nachmittags haben die Teilnehmer den Sprung gemacht vom Login-Button bis zum Anlegen diverser Aktivitäten, kulminierend in teilweise wirklich komplexen und alles andere als niederschwelligen Aktivitäten. Es erfolgt ein wilder – oft technischer und sehr detailreicher – Ritt durch die zig Möglichkeiten einer Lernplattform, die trotz Fortschritte in Usability und Darstellung noch nicht ganz intuitiv zu bedienen ist, ohne aber noch Zeit zu haben, um wirklich darüber zu sprechen, wie diese oder jene Aktivität, wie ein mebis Kurs oder digitale Medien didaktisch begründet und zielgerichtet in den Unterricht integriert werden können.

Was bleibt ist ein extrem voller Kopf mit der Erkenntnis, „dieses mebis“ nie beherrschen zu können. Nicht, weil es wirklich so kompliziert ist wie man gerade meint, sondern weil man den Stoff von 2 Fortbildungswochen in einem Nachmittag erlebt hat.

Der Wunsch, aufgrund der eigenen Begeisterung für die Möglichkeiten viel mitgeben zu wollen und die Kolleginnen und Kollegen mitzureißen, ist nachvollziehbar und verständlich – man kommt schnell in Details und Fahrt, wenn man etwas gut findet und anderen zeigen möchte, wieso man es gut findet. Ich erinnere mich an viele Kneipenabende, wo wir wild über Mac vs. Windows diskutiert haben – am Ende hatten vermutlich alle in Teilen recht.

Die Annahme, Lehrkräfte könnten den Transfer des gezeigten Blumenstraußes an Möglichkeiten ganz easy auf das eigene Fach, die eigenen Themen oder didaktischen Vorstellungen des eigenen Unterrichts schaffen und effektiv nutzen, ist aber falsch. Schließlich müssen Lehrkräfte

  • die Angebote technisch souverän bedienen können,
  • reflektieren, welche Angebote sich wie in den Unterricht integrieren lassen und
  • analysieren, wie sich Unterricht in Anbetracht neuer Möglichkeiten weiterentwickeln kann.

Das alles kann nicht in einem mebis-Nachmittag passieren. Dieser Nachmittag führt höchstens dazu, dass sich eine Lehrkraft völlig resigniert merkt, dass mebis nichts für sie ist, weil „zu kompliziert“. Dabei kann es so einfach sein, die Angebote zu nutzen und erste Schritte für den Unterricht zu gehen.

Vorschlag zum Einstieg: Kleine Einheiten, kleine Einsatzmöglichkeiten

Um den Eindruck der Komplexität zu nehmen, bietet es sich an, vor allem im Bereich der Lernplattform die allermeisten Möglichkeiten in einer Kennenlern-Phase gar nicht erst umfangreich zu thematisieren oder gar anlegen zu lassen.

Stattdessen legen die KuK einen eigenen Kurs an, fügen eine Einschreibungsmethode hinzu, packen ein Lernmaterial in Form einer Textseite oder einer Datei (Video, Audio-Datei) in den Kurs, erstellen einen kurzen Link und/oder QR-Code zu genau diesem Inhalt und besprechen anschließend, wie sie das im Unterricht in den kommenden Tagen einsetzen werden; beispielsweise im Rahmen einer schülerzentrierten Erarbeitungsphase mit Video statt Arbeitsblatt, einer differenzierenden Hörverstehensaufgabe oder einer individuellen Wahl des Schülers, sich Inhalte über eine Buchseite oder Video anzueignen.

Abgesehen davon, dass die TN von solchen kleinen Einheiten nicht erschlagen werden, steht die Anwendung und das Potential für den Unterricht im Fokus, nicht die Bedienung von Software.

Disclaimer: Kein Anspruch auf die Allheil-Lösung

Dieser Blog-Beitrag mit der Gegenüberstellung eines in Gesprächen als abschreckendes Beispiel und dem Vorschlag einer alternativen Erstkontakt-SchiLF soll nicht so verstanden werden, als wäre es die einzige und allein zielführende Lösung. Sicherlich gibt es Varianten an schulinternen Fortbildungen, die angepasst an die Vorkenntnisse und Rahmenbedingungen des individuellen Kollegiums ganz anders ablaufen können. Mein Ziel ist es mit diesem Beitrag lediglich, vor der Konzeption von übermäßig umfangreichen und rasant voranschreitenden Fortbildungen zu warnen, die den Unterricht nur am Rand erwähnen und stattdessen die vielen – tollen – Aktivitäten von Moodle im Galopp abarbeiten. Es wäre schade, KuK damit zu verschrecken und nicht für ein hilfreiches und sich stets weiterentwickelndes Werkzeug für den Unterricht zu begeistern.